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22.7.2013: „Vorschnelle Urteile helfen niemandem“

PAPENBURG.“Verantwortungsvolle Politik sollte gerade in kritischen Situationen an der Seite von Arbeitnehmern und Betrieben stehen. Ich rate allen, zur Sachlichkeit zurückzukehren“, erklärte jetzt die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann. „Es ist erschreckend, wie schnell hier eine Vorverurteilung eines anerkannten Familienunternehmens erfolgt. Ich finde es fragwürdig, wenn sich Politiker bei Schiffstaufen mitfeiern lassen, aber bei Problemen abkehren.“
Sollten sich die im Raume stehenden Vorwürfe gegen den oder die Werkvertragspartner bestätigen, müssen die Vertragsbeziehungen sofort beendet werden, und das wird die Werft auch auf der Stelle tun, davon bin ich überzeugt.“

Damit stärkt die Christdemokratin den Schiffsbauern in Papenburg den Rücken. „Alle Fakten müssen jetzt so schnell wie möglich geklärt werden. Denn solche Katastrophen dürfen sich nicht wiederholen. Das sind wir den beiden Opfern und ihren Familien, denen mein ganzes Mitgefühl gilt, jetzt schuldig. Jeder Missbrauch ist inakzeptabel. Es muss alles dafür getan werden, solchen zu verhindern“, fordert Connemann.

Der Werft müsse aber auch die Zeit gegeben werden, alle Sachverhalte aufzuklären. „Wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, müssen wir auswerten, wo welcher Handlungsbedarf besteht.“ Sollte es eine gesetzliche Lücke bei Werkverträgen geben, müsse diese geschlossen werden. In der Zeitarbeit sei bereits reagiert worden. Der Bund habe dort im letzten Jahr einen gesetzlicher Mindestlohn eingeführt. Dieser müsse aber auch umgesetzt werden. „Die besten Gesetze helfen nicht, wenn diese nicht beachtet werden. Dann helfen nur noch verstärkte Kontrollen“, so die Bundestagsabgeordnete.

Connemann warnt davor, Werkverträge und Zeitarbeit grundsätzlich zu verdammen. Gerade die Werft und ihre Zulieferer, die international wettbewerbsfähig bleiben müssten, könnten – genau wie unzählige andere Branchen auch – auf diese Instrumentarien auch in Zukunft nicht verzichten. Im Gegensatz zu manchem anderen Unternehmen habe die Meyer Werft die Stammbelegschaft in den letzten Jahren kontinuierlich auf- und nicht abgebaut und für positive Beschäftigungseffekte in der Region gesorgt. Das Unternehmen stehe in einem harten, weltweiten Wettbewerb und könne auf Werkverträge nicht verzichten.

„Wir müssen lernen, wie dabei eine gerechte Bezahlung und menschenwürdige Behandlung sichergestellt werden kann. Ein Einsatzbetrieb muss auf gute Arbeitsbedingungen achten – und zwar für alle.“ Die Unterbringung der Arbeitnehmer sowie ihre gesellschaftliche und soziale Teilhabe sei dabei ein ebenso wichtiges Thema. „Wir müssen aus der Situation lernen und gemeinsam nach Lösungen suchen.“

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Ende der Pressemitteilung

Stellungnahme gegenüber dem General Anzeiger
19. Juli 2013

1. Frage GA: Müssen schärfere Kontrollen in Sachen Einhaltung von Arbeits- und Wohnbedingungen eingeführt werden?

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen: Ja. Aber dafür müssen zuerst die Fakten geklärt werden. Vorverurteilungen helfen niemandem. Es schockiert mich, wie schnell hier der Stab über ein angesehenes Familienunternehmen wie die Meyer Werft gebrochen wird. Die Politiker, die gestern noch gerne auf ein Foto wollten, sagen sich heute los – und zwar, ohne alle Fakten zu kennen. Das ist populistisch. Ich werde mich erst informieren und dann urteilen.

2. Frage GA: Muss vielleicht generell über solche sozialen Standards nachgedacht werden?

Es gibt diese Standards bereits. So gibt es seit dem letzten Jahr für Zeitarbeitnehmer einen Mindestlohn. Sie haben gegenüber ihrem Arbeitgeber dieselben Rechte wie jeder andere Arbeitnehmer auch – von Urlaub bis zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Im Einsatzbetrieb haben sie das Recht auf Zugang zu allen sozialen Einrichtungen. Aber die besten Gesetze helfen natürlich nichts, wenn diese nicht eingehalten und Missbräuche nicht angezeigt werden.

3. Frage GA: Stehen nicht auch die Unternehmen, die Aufträge an Sub-Unternehmen vergeben, in der Pflicht?

Ich wünschte mir, dass Unternehmen auch ihre Subunternehmer vertraglich binden, die gesetzlichen Standards einzuhalten. Da ist die Sozialcharta, die jetzt von einem Runden Tisch in Sögel erarbeitet wurde, beispielhaft. Danach müssen die Subunternehmer der Firma Weidemark sicherstellen, dass der vereinbarte Lohn auch bei den Arbeitnehmern ankommt. Und es werden nur Mietverträge mit Vermietern geschlossen, die einen gewissen Standard nachweisen. Meines Wissens wird die Meyer Werft jetzt eine solche Cahrta verhandeln.

4. Frage GA: Welche politischen Akteure sind jetzt gefordert?

Dazu müssen wir wissen, ob und welche Rechtslücken es gibt. Und dazu brauchen wir erst einmal die Fakten.

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Stellungnahme gegenüber der Emszeitung
22. Juli 2013

1. Frage Emszeitung: Braucht die regionale Wirtschaft Arbeiter aus Osteuropa?

Bereits heute gilt (EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit): jeder Europäer darf in jedem Mitgliedstaat arbeiten – Deutsche in Finnland, Engländer in Spanien, Polen in Deutschland. Für Rumänen gilt dies ab 1.1.2014. Rechtlich ist also jeder Betrieb frei, seine Arbeitnehmer auszusuchen. Natürlich würde ich mir wünschen, dass unsere Betriebe zuerst Arbeitslosen aus Deutschen eine Chance geben würden. Denn wir haben immer noch qualifizierte Fachkräfte, die z.B. ihres Alters wegen nicht mehr eingestellt werden. Das macht mich wütend. Aber es gibt auch Branchen mit echtem Fachkräftemangel. Handwerksbetriebe im Emsland können Ausbildungs- und Arbeitsplätze nicht mehr besetzen und brauchen Unterstützung aus anderen Ländern – nicht nur aus Osteuropa.

2. Frage Emszeitung: Wie können diese Arbeiter besser vor Ausbeutung geschützt werden?

Jeder Arbeitnehmer – ob Rumäne, Spanier oder Deutscher – muss vor Missbrauch geschützt werden. Viele Gesetze gibt es bereits dafür, wie das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitsstätten-Verordnung, das Entgeltfortzahlungsgesetz, etc.. Wir haben einen Mindestlohn für die Zeitarbeit eingeführt. Schon heute gibt es Branchenmindestlöhne für Bauarbeiter, bei den Dachdeckern und Gebäudereinigern, im Elektrohandwerk, für Pflegehilfskräfte, Wachleute und, und, und. Es muss aber auch sichergestellt sein, dass der Lohn die Arbeiter erreicht. Sonst helfen die besten Gesetze nichts. Hier müssen Unternehmen ihre Subunternehmer besser kontrollieren. In Sögel wurde mit der Sozialcharta ein Anfang gemacht. Danach müssen die Subunternehmer der Firma Weidemark sicherstellen, dass der vereinbarte Lohn auch bei den Arbeitnehmern ankommt. Und es werden nur Mietverträge mit Vermietern geschlossen, die einen gewissen Standard nachweisen. Es muss für Unternehmen die Regel werden, diese sozialer Verantwortung zu übernehmen.

3. Frage Emszeitung: Wie stehen Sie zu einem Mindestlohn für die Beschäftigten in der regionalen Wirtschaft?

Menschen müssen für ihre Arbeit gerecht bezahlt. Alles andere ist unanständig. Da die Branchen sich unterscheiden, setzen wir auf tarifliche Mindestlöhne.

Denn die Tarifpartner kennen die Betriebe und die Regionen besser als die Politik. Dort, wo es weiße Flecken gibt, wollen wir eine verbindliche Lohnuntergrenze einführen. Darüber soll nicht die Politik sondern eine unabhängige Kommission entscheiden. Auf regionale und branchenbezogene Besonderheiten kann dabei Rücksicht genommen werden.

Die FDP ließ sich bislang davon nicht überzeugen. Aber damit kann Lohndrückerei ein Ende gesetzt werden. Und zugleich wird die große Mehrheit rechtschaffender Arbeitgeber gerade im Mittelstand vor ruinöser, wettbewerbsverzerrender Lohnkonkurrenz geschützt.