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„Viele denken daran aufzugeben“

MOORMERLAND, 02.08.2019

Der Wolf ist zurück. In Ostfriesland hat Meister Isegrim bereits deutliche Spuren hinterlassen. Mehr als zwanzig gerissene Schafe und sogar zwei Rinder gehen auf sein Konto. Dieses Thema stand im Mittelpunkt eines Besuches der CDU-Abgeordneten Gitta Connemann und Ulf Thiele in der Schäferei Dorstmann. Dazu hatten die Christdemokraten den Agrarwirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Helmut Dammann-Tamke eingeladen.

In großer Runde stellte Michael Gertenbach von der Landwirtschaftsklammer Niedersachsen dar, wie der Wolfsschutz in Zukunft aussehen soll. Auf der Weide erklärte Gertenbach an Hand von zwei innovativen Zäunen, den erhöhten Arbeitsaufwand. Der junge Schäfer bezifferte die Mehrbelastung auf 3 bis 4 Stunden in der Woche: „Besonders bei kaltem und nassem Wetter spüren wir die Belastung ganz deutlich.

Die finanziellen Verluste durch Wolfsrisse, die Mehrkosten und die höhere Arbeitsbelastung zusammen mit der ständigen Sorge um die eigenen Tiere geht nicht spurlos an den Haltern vorüber, wie Martin Dorstmann weiß: „Viele denken daran aufzugeben. Das würde auch unsere Landschaft verändern.“

Derzeit gibt es in Deutschland mindestens 73 Wolfsrudel, 30 Paare und weitere Einzeltiere – ein Viertel davon lebt in Niedersachen. Die Population ist stark ansteigend. „Die Entwicklung ist rasant. Die Ziele für eine stabile Erhaltung werden 2020 mehr als erfüllt sein“, erklärt Helmut Dammann-Tamke. Die Kriterien für den Erhaltungszustand sind nach Auffassung Dammann-Tamke´s für Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen längst erreicht. In den anderen Bundesländern wird es eine rasante Weiterentwicklung der Population geben. Eine Überführung des Wolfes in das Jagdrecht hält er für einen Teil der Lösung. „Für uns steht die Sicherheit der Menschen an erster Stelle. Deshalb führt an einer Bestandsregulierung kein Weg vorbei. Auch die Schaffung wolfsfreier Zonen bleibt für uns auf der Tagesordnung. Denn in dicht besiedelten und wirtschaftlich genutzten Arealen ist kein konfliktfreies Zusammenleben mit dem Wolf möglich. Für uns ist Tierschutz nicht teilbar: Weidetiere haben dasselbe Recht auf Tierschutz wie Wölfe. “, forderte Connemann. Ulf Thiele stellte klar, dass die für Entschädigungen bei Wolfsrissen vorgeschriebene Grundsicherung vom Umweltminister dringend überdacht werden müsse. „Die Schäfer haben eindrucksvoll deutlich gemacht, welchen erheblichen Aufwand die Zäune bedeuten, ohne dass sie die Tiere wirklich schützen können. Die Zäune schützen die Schafe kaum, töten durch die höhere Spannung zugleich aber Igel, Frösche und andere kleine Wildtiere und zerschneiden unsere Landschaft. Das ergibt so keinen Sinn.“

Große Hoffnungen setzen die Schäfer nun in die Umweltministerkonferenz. An dieser nehmen die Umweltminister der einzelnen Bundesländer teil. Hier wird auch das Thema Wolf behandelt: Darf der Canis lupus bejagt werden? Werden Einzelentnahmen erlaubt? – „Hier braucht es dringend Einigkeit“, betonte der Präsident des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland Manfred Tannen. „Es dauert einfach zu lange. Und wir müssen uns dann auch mit der Frage auseinandersetzen, wie wir mit dem Wolf nach dem Erhaltungszustand umgehen wollen.“ Eines der größten Anliegen ist auf allen Seiten allerdings die Beweislastumkehr bei Wolfsrissen. So stünde der Weidetierhalter nicht mehr in der Pflicht zu beweisen, dass der Schutz ausreichen gewesen sei. Es müsste ihn das Gegenteil bewiesen werden. „Dies wäre nicht nur ein wichtiger Schritt für die Weidetierhalter – es wäre vor allem ein ganz wichtiges Signal“, betonte Connemann, die darüber hinaus darauf hinwies, dass auch viele der Weidetierrassen selten seien und eines besonderen Schutzes bedürfen.